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Fyfe: The Space Between (Review)
Artist: | Fyfe |
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Album: | The Space Between |
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Medium: | CD/LP | |
Stil: | Elektro Pop mit sehr persönlichen Texten voller Tiefgang |
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Label: | ADA | |
Spieldauer: | 41:07 | |
Erschienen: | 09.06.2017 | |
Website: | [Link] |
„The Space Between“ ist kein Album für die sensiblen Zeitgenossen unter uns, genauso wenig wie für die oberflächlichen Nebenbeihörer, für die Musik nur aus Rhythmen, aber nicht textlich aussagekräftigen Inhalten besteht. Denn Paul Dyxon alias FYFE verfolgt mit gutem, traurigen Grund auf seinem aktuellen Album ein Konzept, das er selber als „eine Reise zwischen Geburt und Tod” bezeichnet. Eine Reise, die er persönlich in den vergangenen zwei Jahren sehr intensiv ausleben musste, als in kürzester Zeit zwei seiner Freunde unabhängig voneinander starben, als nächstes folgte ein Freund der Familie dem Sensemann und dann auch noch seine Großmutter. Der Tod erschien im Grunde bei dieser immensen Aktivität lebendiger als das Leben um ihn herum. Doch auch neues Leben bahnte sich seinen Weg durch den FYFE-Kosmos und Dyxon wurde gleich dreimal Onkel, sodass am Ende der Tod kanpp mit 4:3 die Oberhand behielt. So etwas löst natürlich das pure Gefühlschaos aus und wie kann man das als Musiker besser verarbeiten als mit Musik – vielleicht auch indem man sich bewusst macht: „Love You More“?!
Damit das Ergebnis aber auch rundum persönlich und intim bleibt, schrieb und produzierte Dyxon „The Space Between” ausschließlich selbst und ließ dabei alle Phasen von der Kindheit bis zu seinen Erfahrungen mit dem Tod einfließen, damit aus dem Gefühlschaos ein klingendes Gefühlschaos werden konnte, das ergreift und bewegt und das sich mit Tod und Verzweiflung genauso auseinandersetzt wie mit dem Mut, sich dem Leben zu stellen und auch dann zu lachen, wenn einem zum Heulen zumute ist: „Egal, ob ich es mochte oder nicht, ich habe ein Album über all das, was passiert ist, gemacht; ein Album das vom Mutterschutz bis zur Beerdigung reiste. Deshalb habe ich es ‘The Space Between’ genannt”, resümiert FYFE.
Selbst bei der Wahl des Album-Covers ließ sich FYFE vom Grundgedanken zwischen Leben und Tod inspirieren. Er sah bei einer Ausstellung des Fotografen Simon Brye die Bilder von Ansteckblumen vergangener Hochzeiten, die längst verblüht sind: „Diese Blumen veranschaulichen in meinen Augen die Idee des Albums, dass die Schönheit bleibt, auch bei Krankheit, Verfall und Sterblichkeit – und zwar im neuen Leben. Die Blumen sind zwar tot, aber aus der richtigen Perspektive gesehen sind sie elegant genug, um an der Wand in einer Galerie zu hängen.“
So greift FYFE auf seinem Album auf die bei ihm gewohnten elektronisch grundierten Pop- und Beat-Rhythmen zurück, denen aber immer wieder auch sehr ruhige, vom Piano getragene, traurig anmutende Passagen gegenüberstehen. FYFEs Pop-Songs erzählen dabei Geschichten, nach denen man durchaus tanzen kann, die aber zugleich auch zum Zuhören einladen.
Eine schwierige Gratwandereung, die auf „The Space Between“ größtenteils überzeugend gelingt und einen besonderen Höhepunkte in dem Moment erreicht, in welchem er bei „Belong“ von KIMBRA, die bereits besondere Aufmerksamkeit durch ihre Mitwirkung auf GOTYEs „Somebody That I Used To Know” erlangte, begleitet wird.
Aber auch „Closer”, bei dem FYFE mit dem holländischen Elektro-Duo KLYNE zusammenarbeitet, merkt man den Reiz des äußeren Einflusses an, wenn neben dem das Album gänzlich durchziehenden Elektro-Beat plötzlich Funk-Elemente und schwebende Synthies auftauchen.
Einer der bedrückendsten, fast ein wenig an RADIOHEAD erinnernden Songs ist „All We Need”, der Dixon in den Sinn kam, als er seine Großmutter kurz vor ihrem Tod besuchte: „Ich glaube, wir sind irgendwie schuldig, dass wir in der Gesellschaft einfach so Menschen abschreiben und denken, dass ihre Zeit verstrichen ist […] Meine Großmutter war immer noch großartig, trotz ihrer Krankheit.”
Dem Sterben seiner Großmutter steht im krassen Gegensatz der Song „Rosa” gegenüber, den er, als Brief formuliert, an seinen neu geborenen Neffen schrieb – mit der Botschaft: „Sei wer du bist, kümmere dich nicht darum, was die Anderen von dir denken oder lass dich verbiegen – so wie du bist, bist du perfekt und einzigartig!”
Wenn das todtraurige „Closing Time” dieses am Ende von viel Melancholie durchzogene Elektro-Pop-Album mit Tiefgang abschließt , bleibt ein mitunter verstörter Hörer zurück, der vielleicht mehr Dynamik und „Spaß” bei dieser Art von Musik erwartet. Wenn er sich in der alltäglichen Hektik unseres industrialisierten Zeitgeistes allerdings noch ein wenig an Euphemismus und tief empfundenen Gefühlen bewahrt hat, ist er genau der richtige Adressat für dieses Album, denn in dem Falle hat er dann wohl zugleich auch das „beabsichtigte Gefühlschaos“ hinter „The Space Between“ verstanden.
FAZIT: Ein Album, entstanden aus dem Gefühlschaos eines Musikers heraus, das bei der unmittelbaren Konfrontation zwischen Leben und Tod entsteht. FYFE setzt sich mit „The Space Between“ zwischen alle Stühle, die einerseits von gängigen Elektro-Pop-Rhythmen, aber andererseits von tiefgründigen, bewegenden, sehr persönlichen Texten hin- und hergeschoben werden.
- 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
- 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
- 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
- 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
- 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
- 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
- Cold Air
- Love You More
- Belong (feat. KIMBRA)
- Closer
- Stronger
- Relax
- Borders
- Rosa
- Fault Lines
- All We Need
- Closing Time
- The Space Between (2017) - 12/15 Punkten
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